Die Aufregung um das Google Privacy Update, die Einführung der Privacy Sandbox und das Federated Learning of Cohorts (FLoC) ist noch frisch. Aber was bedeuten Googles Änderungen tatsächlich für uns? In diesem Artikel schauen wir uns an, was das Privacy Update mit sich bringt und welche Sorgen von Marketern damit einhergehen. Außerdem werfen wir einen Blick darauf, wie eine Welt ohne Cookies für Werbetreibende aussieht und welche ersten fünf Schritte Marketer jetzt unternehmen können, um sich auf die kommenden Jahre vorzubereiten.
Den größten Sorgen von Marketern – gröberem Targeting, steigenden Kosten, dem Verlust des Frequency Capping und fehlender Attributionen – begegnen wir nicht erst seit FLoC.
Der Prozess begann vor Jahren: Zuerst haben uns Adblocker und der Inkognito- beziehungsweise Privatsphärenmodus der Browser die Arbeit erschwert. Dann unterbanden Safari und Firefox im letzten Jahr die Third Party Cookies. Was hier wie eine plötzliche Umstellung erschien, hatte bei Apples Safari schon 2017 mit der Intelligent Tracking Protection (ITP) begonnen. Schließlich hat Apple mit dem Opt-In für die IDFA im letzten November angekündigt, den Vorhang fürs Third Party Tracking auf seinen Mobile Devices fallenzulassen. Auch Google hatte seine Privacy Sandbox bereits im August 2019 das erste Mal angekündigt – seitdem hatten wir Zeit uns darauf vorzubereiten.
Eine Antwort auf den Wegfall von Third Party Cookies ist der zunehmende Einsatz von statistischen Modellen: Die Daten einiger Nutzer*innen werden nach Wahrscheinlichkeit auf ganze Populationen angewendet. Dafür feilen die Marktführer an entsprechenden Algorithmen und der entsprechenden Infrastruktur. Nichts anderes sind Googles Federated Learning of Cohorts: Eine sich in Echtzeit anpassende Zielgruppe, die auf den konkreten Daten basiert, die Google in seiner Sandbox einsammelt.
Gröberes Targeting
Wir verlieren zunehmend die Möglichkeit relevante Inhalte an die richtige Zielgruppe auf dem richtigen Kanal auszuliefern.
Steigende Kosten
Vor allem bei Demand Side Plattforms (DSP) werden die Kosten steigen, weil diese ihre notwendigen Kenndaten (Identifier) verlieren.
Frequency Capping
Ohne Third Party Cookies wissen wir nicht mehr, wen wir schon mit unserer Werbung erreicht haben und können die Auslieferung für bereits targetierte User nicht kappen.
Attribution
Wir werden nicht mehr wissen, in welchem Teil einer Kampagne, an welchem Touchpoint und durch welches Creative ein Verkauf stattgefunden hat.
"Wer jetzt schon Google, Facebook und andere große Plattformen für die Werbung nutzt, für den wird sich nicht viel ändern. Langfristig müssen wir lernen mit weniger genauen Zielgruppen zu arbeiten und die Kampagnenstrategien auf die neuen Gegebenheiten ausrichten."
Für Desktopbrowser-Nutzer*innen verändert sich durch Googles Ankündigung im Prinzip nichts, da mit der DSGVO-Pflicht zu Opt-Ins die Funktionalität von Third Party Cookies ohnehin schon beschnitten wurde.
Für Werbetreibende bedeutet der Verzicht auf Third Party Cookies auf lange Sicht eine Einschränkung: Wir verlieren mit FLoC die Kontrolle darüber, wie wir unsere Zielgruppen definieren, wen wir targetieren wollen. Die Zuteilung übernehmen in Zukunft die Plattformen, von ihnen müssen wir die Zielgruppen jetzt einkaufen. Ob das Targeting durch FLoC jetzt aber ungenauer wird, lässt sich zu diesem Zeitpunkt schlichtweg nicht sagen.
Für Werbetreibende außerhalb der großen Plattformen bedeutet der Verzicht auf Third Party Cookies das Suchen nach neuen Identifier-Lösungen, um User weiterhin über verschiedene Websites tracken zu können. Das Retargeting wird schwieriger. First Party ID Solutions (1P ID) wie NetID und Verimi können den Verlust abfedern. Programmatic Advertiser müssen sich trotz dieser Lösungen langfristig daran gewöhnen, weniger Daten zur Verfügung zu haben, da es in den nächsten Jahren weniger User geben wird, die diese einheitlichen Log-Ins für verschiedene Websites verwenden werden.
"Für Programmatic bedeutet Googles Privacy Sandbox zunächst einen Rückschlag. Neue First-Party-Identifier-Lösungen sind aber in Entwicklung und werden auch in Zukunft die Möglichkeit des usergenauen Retargetings bieten."
Alle Digitalwerber*innen werden nachhaltig umdenken müssen: Agenturen, Unternehmen, einfach alle, die ein Produkt online bewerben wollen. Die größten Konsequenzen wird es für kleinere Werbenetzwerke geben, weil sie gar nicht die Kapazitäten haben, um mit einem Verlust der Third Party ID umzugehen. An ihre Stelle werden große Netzwerke treten.
1:1 Marketing
Diese klassische Methode der Inventarbuchung wird eine Renaissance erleben. Die Suche, Auswahl und das mehr oder weniger händische Schalten von Anzeigen auf passende Werbeplätze.
Das erfordert viel persönliche Abstimmung.
Passend für alle Direct-Marketer.
1P-Identifier-Solutions
Ansätze wie die NetID
verfolgen die Idee, dass es
für verschiedene Websites
einen einzigen Log-In gibt.
Zwar gibt es nicht mehr so
viele Daten, das
passgenaue Tracking
bleibt aber weiterhin
möglich.
Das ist eine Lösung für
Programmatic Advertisers.
Statistische Modelle
Mit Algorithmen und Big Data werden Zielgruppen gebildet: Ob Googles FLoC oder Facebooks Lookalike Audiences – diese Lösung wird nur bei großen Plattformen zu finden
sein.
Die Kontrolle über die Definition von Zielgruppen wird eingeschränkt, dafür bleibt Targeting effizient.
Eignet sich für jeden Werbetreibenden.
"Ausgeklügelte Kreativideen und durchdachte Kampagnenmechaniken zur Vernetzung aller Touchpoints sind mehr denn je wichtige Voraussetzung für die Stimulierung der Zielgruppen und Zielerreichung der Kampagnen. Wir sind gespannt auf die holistischen Lösungen von Google."
Dass nach Mozilla und Apple jetzt auch Google die Third-Party-Cookies im Browser deaktiviert, bedeutet für Publisher, Affiliates und Werber: Alle bleiben ab jetzt in ihrem eigenen Haus. Der Wert von First-Party-Cookies, beziehungsweise First-Party-Daten steigt. Der Fokus auf First-Party-Daten sowie deren Verwertung und Bereitstellung an Partner wird eine der spannenden Aufgaben sein, mit denen wir uns als Agenturen in den nächsten Jahren beschäftigen dürfen. Im digitalen Raum gibt es kaum einen besseren Weg herauszufinden, was Kund*innen antreibt. Die eigenen Seiten, die Tracking-Struktur, Datenmanagement und -auswertung sind wertvoller denn je. Das Buchen von Inventaren außerhalb der großen Plattformen wird schwieriger – darauf müssen wir uns einstellen.
Da es aber gerade noch wenig konkrete Informationen gibt, ist Geduld eine Tugend, die wir uns als Marketer bewahren müssen. Allen, die sich auf die kommenden Jahre vorbereiten wollen, empfehlen wir:
Wir werden uns in der MYTY Group in den kommenden Monaten verstärkt dem Thema Post-Cookie-Internet für Marketer widmen, unter anderem mit weiteren Artikeln unserer Experten von TRG, The House und INTEGR8.